Hammer, Zirkel, Ährenkranz

Hammer, Zirkel, Ährenkranz - DDR-Staatswappen im Hallenflohmarkt an der Arena Berlin. Die Symbole der SED-Diktatur sind in Deutschland nicht verboten.
DDR-Staatswappen als Aushängeschild - Hallenflohmarkt an der Arena Berlin

In Deutschland ist das öffentliche Zeigen eines Hakenkreuzes eine Straftat. Verboten ist es auch, sich zu Karneval als Hitler zu verkleiden, ein Hitler-Bild auf Postkarten vom Obersalzberg zu drucken oder am Ende einer Rede „Alles für Deutschland“ auszurufen. Wie aber sieht es mit den Symbolen der SED-Diktatur aus? Ein Rückblick auf Deutschlands Umgang mit Hammer, Zirkel, Ährenkranz und anderen Kennzeichen des Kommunismus.

Von Hubertus Knabe

vgwort

Wer mag schon gerne Verbote! In Deutschland gibt es reichlich davon: Es ist verboten, bei Rot über eine leere Straße zu gehen oder beim Gassigehen mit dem Hund ein Häuflein zurückzulassen. Es ist untersagt, das verschilfte Ufer eines Sees zu betreten oder ohne Berechtigungsschein in freier Natur zu angeln. Und jedes Jahr verschickt der Staat Hunderttausende von Knöllchen, weil Autofahrer ihr Fahrzeug im Halte- oder Parkverbot abgestellt haben. Deutschland ist geradezu ein Land der Verbote und eine im Bundestag vertretene Partei trägt den inoffiziellen Beinamen „Verbotspartei“.

Was in Deutschland freilich nicht verboten ist: die Symbole einer Diktatur zur Schau zu stellen – jedenfalls, wenn es sich um eine kommunistische handelt. Mit den Hoheitszeichen der DDR auf dem T-Shirt darf jeder von Stralsund bis Freiburg durch die Innenstadt laufen. Man darf sich in einer DDR-Uniform vors Brandenburger Tor stellen oder in Stasi-Montur auf eine Ostalgie-Party gehen. Man kann Suppendosen mit DDR-Emblem bedrucken, Feuerzeuge mit Stasi-Wappen verkaufen und Gaststätten mit SED-Devotionalien dekorieren. Man darf sogar mit Hammer und Sichel und rotem Stern für die Wiedereinführung des Kommunismus demonstrieren und Massenmörder wie Josef Stalin oder Mao Tse-tung hochleben lassen.

Diktator als Wandschmuck – Honecker-Bild in der Berliner Ostalgie-Gaststätte Pila (Pionierlager)

In anderen ehemals sozialistischen Staaten ist all dies verboten. Nach dem Sieg der Demokratie wollte man auf diese Weise verhindern, dass die totalitäre Vergangenheit wieder populär werden könnte. Auch den Diktaturopfern wollte man den Anblick jener Symbole ersparen, die für immer mit ihrem Leid verbunden sind – den Verfolgten der Nazi-Zeit ebenso wie denen des Sowjetkommunismus. Wer in Litauen Zeichen nationalsozialistischer oder kommunistischer Organisationen zeigt, muss deshalb mit einem Bußgeld von umgerechnet bis zu 290 Euro rechnen. Wer in Lettland Symbole der Sowjetunion oder Nazi-Deutschlands bei Aufmärschen präsentiert, muss bis zu 350 Euro zahlen. Hammer und Sichel oder der fünfzackige Stern dürfen in diesen Ländern ebenso wenig öffentlich zur Schau gestellt werden wie Hakenkreuze und SS-Abzeichen.

In Deutschland ist das anders. Hier sind zwar Propagandamittel verboten, die „dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen“ – wie es im Strafgesetzbuch heißt. Symbole, die Vergleichbares mit dem Kommunismus vorhaben, sind jedoch erlaubt. Während für das Anschmieren eines Hakenkreuzes bis zu drei Jahren Gefängnis drohen, können die Symbole der SED-Diktatur unbegrenzt hergestellt und verbreitet werden. Wie kommt es, dass die Kennzeichen von Nationalsozialismus und DDR-Sozialismus in Deutschland so unterschiedlich behandelt werden? Und welche Folgen hat dies für den gesellschaftlichen Umgang mit beiden Diktaturen?

Wer sich näher mit dem Thema beschäftigt, wird feststellen, dass Politik und Justiz beim Umgang mit den Symbolen beider Regime fast immer mit zweierlei Maß gemessen haben. Was beim Nationalsozialismus als so gefährlich gilt, dass es mit Gefängnis bestraft werden kann, wird beim SED-Sozialismus als harmlose Nostalgie betrachtet. Die Gleichgültigkeit gegenüber den kommunistischen Symbolen spiegelt dabei nur die generelle Milde, mit der in Deutschland der real existierende Sozialismus in den letzten 50 Jahren überwiegend betrachtet wurde.

Das Verbot der „Spalterflagge“

Dabei waren die Hoheitszeichen der DDR in der Bundesrepublik schon einmal verboten – in den 1960-er Jahren. Ursprünglich benutzten beide deutsche Staaten nämlich dieselbe schwarz-rot-goldene Nationalflagge. 1955 legte sich die DDR dann ein eigenes Staatswappen zu, das sie 1959 per Gesetz zu einem Teil ihrer Flagge machte. Seitdem musste in der Mitte ihrer Fahne das kreisrunde Wappen aus Hammer, Zirkel und Ährenkranz prangen. Die SED verpflichtete nicht nur alle Dienststellen und Betriebe, an bestimmten Tagen zu flaggen, sondern erwartete dies auch von ihren Mitgliedern zu Hause. Im schlichten Denken der regierenden Kommunisten stand der Hammer dabei für die Arbeiter, der Ährenkranz für die Bauern und der etwas später hinzugenommene Zirkel für die „Intelligenz“ – wie die SED die Kopfarbeiter in Anlehnung an den sowjetischen Sprachgebrauch nannte.

Die neue „Spalterflagge“ der DDR wurde in der Bundesrepublik umgehend verboten. Sie zu zeigen galt als Verstoß gegen das Grundgesetz und gegen die öffentliche Ordnung. Für das Verbot wurde zwar nicht das Strafgesetzbuch geändert. Doch gemäß einer Vereinbarung zwischen Bund und Ländern vom 4. November 1959 war die Polizei verpflichtet, die DDR-Fahne, wo immer sie auftauchte, sofort zu entfernen. Sogar bei sportlichen Wettbewerben wie der Vierschanzentournee in Oberstdorf griff die Polizei ein und verhinderte, dass ostdeutsche Sportler in der Bundesrepublik mit dem Emblem des SED-Staates an den Start gingen.

In Westdeutschland lange verboten – DDR-Fahne an einem Verkaufstand in Berlin (2019)

Verboten waren auch die Symbole von KPD und FDJ. Das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesverfassungsgericht hatten 1954 beziehungsweise 1956 höchstrichterlich festgestellt, dass beide Organisationen grundgesetzwidrig waren. Deshalb durften laut Strafgesetzbuch auch ihre Abzeichen nicht gezeigt werden. Unzulässig waren – und sind – seitdem das rote Symbol aus Hammer und Sichel, eine gelbe aufgehende Sonne auf blauem Grund sowie die Buchstabenfolgen „KPD“ und „FDJ“. Wie selbstverständlich wurden die Symbole links- und rechtsextremistischer Organisationen damals rechtlich gleichbehandelt.

Die Zeit der Entspannungspolitik

Erst im Zuge der Entspannungspolitik wurde die Ächtung der kommunistischen Symbole aufgeweicht. Nachdem das Internationale Olympische Komitee (IOC) 1968 erstmals eine DDR-Delegation mit eigener Fahne zur Olympiade zugelassen hatte, wurde das Verbot der DDR-Flagge auf Betreiben der Bundesregierung 1969 für die Spiele in München aufgehoben. Unter Federführung der neuen sozial-liberalen Koalition beschloss die Innenministerkonferenz dann am 4. Februar 1970, die Vereinbarung von 1959 ganz abzuschaffen. Die Innenminister versicherten allerdings, dass die Länder entschlossen seien, Provokationen mit DDR-Symbolen auch in Zukunft entgegenzutreten.

Was bedeutete die Entspannungspolitik für den Umgang mit Stalins Verbrechen? Ein Rückblick.

Mit der Anerkennung der DDR und der Schaffung diplomatischer Vertretungen zog das kommunistische Staatswappen auch offiziell in Bonn ein. Am Eingang des vierstöckigen Gebäudes in der Godesberger Allee 18 prangten nun Hammer, Zirkel und Ährenkranz. Die Nachfolgepartei der KPD, die 1968 neu gegründete Deutsche Kommunistische Partei (DKP), verzichtete allerdings weiterhin auf das verbotene KPD-Signet und schmückte sich lediglich mit einer wehenden roten Fahne, hinter der die deutsche Nationalflagge zu erkennen war. Die damals in Westdeutschland wie Pilze aus dem Boden sprießenden kommunistischen Splittergruppen zeigten hingegen weniger Hemmungen und überfluteten Universitäten und Betriebe mit den Insignien des Kommunismus. Die Polizei ging dagegen in der Regel nicht mehr vor.

Folge der Entspannungspolitik – Staatswappen an der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn

DDR-Symbole in der Friedlichen Revolution

Während sich Politik und Gesellschaft in der Bundesrepublik in den 1970-er und 1980-er Jahren mit der Existenz der DDR größtenteils arrangierten und der Sozialismus in Hochschulen, Zeitungsredaktionen und Gewerkschaften zahllose Anhänger gewann, wuchs in der DDR die Unzufriedenheit mit dem SED-Regime. Als der Unmut im Herbst 1989 in machtvolle Demonstrationen mündete, richtete sich der Zorn der Bevölkerung auch gegen dessen Symbole.

War die Stasi für den frühen Tod des DDR-Oppositionellen Jürgen Fuchs verantwortlich?

So schnitten Demonstranten, ähnlich wie beim Ungarn-Aufstand 1956, das Staatswappen aus den DDR-Fahnen heraus, wodurch sie beinahe aussahen wie bundesdeutsche. Und als im April 1990 eine Arbeitsgruppe des Runden Tisches den Entwurf einer neuen DDR-Verfassung vorlegte, sah dieser vor, Hammer und Zirkel durch Schwerter zu Pflugscharen zu ersetzen. Nach den ersten freien Wahlen beschloss die DDR-Volkskammer am 31. Mai 1990, das DDR-Staatswappen binnen einer Woche in und an allen öffentlichen Gebäuden zu entfernen. In Betrieben und Verwaltungen, in Universitäten und Schulen, in Sportclubs und Kindergärten wurde die sozialistische Symbolik damals massenhaft in den Müll entsorgt – vielfach auch ohne Anweisung von oben.

„Umflaggen“ vor der Wiedervereinigung – Näherinnen der Spectrum-Näherei in Leipzig im September 1990 (2)

Vielleicht war man sich im Sommer 1990 zu sicher, dass das sozialistische Experiment in Deutschland für immer auf dem Müllhaufen der Geschichte gelandet wäre. Vielleicht war es auch das Gewicht einer unheiligen Allianz, die sich plötzlich gegen eine allzu klare Abrechnung mit der SED-Diktatur bildete: die privilegierten Systemträger und Staatsintellektuellen der DDR; die Bürgerrechtler, die von einem besserem Sozialismus träumten; die westdeutschen 68-er, die die DDR als Alternative zur Bundesrepublik oder die deutsche Teilung als „Strafe für Auschwitz“ betrachtet hatten; schließlich die bürgerlichen Politiker aus dem Westen, die in Anlehnung an Konrad Adenauer dachten, dass man dreckiges Wasser nicht ausschüttet, wenn man kein reines hat, und auf Versöhnung mit den entmachteten DDR-Funktionären setzten. Fest steht jedenfalls, dass die Parteien und Bewegungen nach dem Sturz der SED-Herrschaft – im Gegensatz zu den Alliierten nach 1945 (siehe unten) – keinerlei Bemühungen entwickelten, die Kennzeichen der kommunistischen Diktatur aus der Öffentlichkeit zu verbannen.

Schon im Einigungsvertrag von 1990 sucht man das Thema vergebens – obwohl es darin um den Beitritt eines Staates ging, dessen Symbole noch gestern die Zeichen einer brutalen Diktatur gewesen waren. Das umfangreiche Vertragswerk befasste sich zwar mit so entlegenen Themen wie der Fortgeltung der Arbeitsverträge der Mitarbeiter der DDR-Bauakademie, nicht aber mit den Insignien des SED-Staates, die damals noch zu Hauf in Ostdeutschland herumlagen. Der Vertrag sah im Gegenteil vor, dass das, was in der DDR legal war, auch in der Bundesrepublik legal bleiben sollte – einschließlich der Parteien und Massenorganisationen der DDR, mitsamt ihren Symbolen.

Ein Teil der sozialistischen Kennzeichen verschwand lediglich deshalb aus der Öffentlichkeit, weil ihre Träger abhanden kamen. So wurde das Ministerium für Staatssicherheit bereits zu DDR-Zeiten aufgelöst, während die Nationale Volksarmee (NVA) mit der Wiedervereinigung Teil der Bundeswehr wurde. Auch die Abzeichen der sozialistischen Blockparteien wurden nicht mehr gebraucht, weil diese in CDU und FDP aufgingen. Der Demokratische Frauenbund Deutschlands (DFD), in der DDR weitgehend bedeutungslos und in der Bundesrepublik seit 1957 verboten, löste sich 1990 ebenso auf wie der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB). Die SED schließlich ersetzte ihr jahrzehntealtes Signet mit dem Händedruck der Parteigründer Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl kurzerhand durch die Buchstabenfolge „PDS“.

Foto: DDR-Fahnen-Beflaggung an der Parteizentrale der PDS/Die Linke am 3. Oktober 1990 (3)

Andere Kennzeichen sozialistischer Organisationen aus der DDR finden dagegen bis heute Verwendung – zum Beispiel das Logo der Volkssolidarität, die 1990 nicht aufgelöst wurde, sondern als Wohlfahrtsverband und Vorfeldorganisation der Linkspartei weiter existierte. Auch die FDJ blieb bestehen und mit ihr ihr gelb-blaues Logo, das sie nur kurze Zeit in Kleinbuchstaben schrieb. Vor allem aber blieb es – trotz Beitritts der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes – nun jedem selbst überlassen, was er mit den Symbolen des SED-Regimes anstellte.

So wundert es nicht, dass die Insignien der kommunistischen Diktatur nach der Wiedervereinigung bald wieder fröhliche Urständ feierten. Die DDR erschien zunehmend als exotisches Gebilde, dessen Verschwinden eher mit Wehmut als mit Erleichterung betrachtet wurde. Dass die Symbole der SED-Herrschaft 1990 nicht verboten wurden, wirkte wie eine Weichenstellung für den künftigen Umgang mit der kommunistischen Diktatur im Osten Deutschlands. 

Lesen Sie hier, wie das wiedervereinigte Deutschland mit den Symbolen des Kommunismus umging.

(1) http://api.aucklandmuseum.com/id/media/v/455773
(2) Bundesarchiv, Bild 183-1990-0920-012 / Grubitzsch (geb. Raphael), Waltraud / CC-BY-SA 3.0
(3) Bundesarchiv_Bild_183-1990-1002-002,_Berlin,_DDR-Fahnen_am_PDS-Gebäude.jpg

Das Hakenkreuz - Geschichte eines Verbotes
Je länger das Dritte Reich tot ist, umso stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen – schrieb der Journalist und Aphoristiker Johannes Gross einmal über die Deutschen. Der Satz gilt auch für die Geschichte des Hakenkreuzverbotes.

Das Kreuz mit den abgewinkelten Enden – im Fachjargon: Swastika – ist eigentlich ein harmloses religiöses Symbol, das auf der ganzen Welt zu finden ist. Seit 1920 diente es der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei (NSDAP) als Parteiabzeichen. Mit dem „Reichsflaggengesetz“ vom 15. September 1935 wurde es zur deutschen Nationalflagge erklärt. Auch der traditionelle deutsche Reichsadler wurde damals um ein Hakenkreuz ergänzt, das nun auf unzähligen amtlichen Siegeln und Dokumenten Verwendung fand. An nationalen Feiertagen waren die Deutschen überdies verpflichtet, Häuser und Geschäfte mit der Hakenkreuzfahne zu dekorieren – eine Tradition, die die DDR später mit ihrer eigenen Staatsflagge wiederaufleben ließ.

Nach der bedingungslosen Kapitulation im Mai 1945 untersagte es der Alliierte Kontrollrat am 30. August 1945 den Deutschen, militärische Rangabzeichen, Orden oder andere Abzeichen zu tragen. Auch das „Parteibonbon“ mit dem Hakenkreuz gehörte dazu. Mit dem Gesetz Nr. 2 vom 10. Oktober 1945 erklärte der Kontrollrat überdies die NSDAP und 61 weitere Organisationen für „ungesetzlich“. Einige davon – darunter der Sicherheitsdienst (SD) und die Schutzstaffel (SS), nicht aber die Sturmabteilung (SA) – wurden vom Internationalen Militärgerichtshof kurz darauf als „verbrecherische Organisationen“ eingestuft. Anders als oft behauptet, waren das Hakenkreuz und weitere NS-Symbole durch die Organisationsverbote allerdings nicht automatisch mit verboten – was auch schwierig durchzusetzen gewesen wäre, weil sie sich noch massenhaft auf Schriftstücken und anderen Gegenständen im Umlauf befanden.

Reichsadler ohne Hakenkreuz – Finanzamt in Berlin-Charlottenburg

Nach Gründung der Bundesrepublik galten gemäß Artikel 139 des Grundgesetzes zunächst sämtliche Gesetze der Alliierten zur „Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus“ weiter. Doch erst im Versammlungsgesetz von 1953 haben es sich die Deutschen selbst verboten, „öffentlich oder in einer Versammlung Kennzeichen ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen zu verwenden.“

1960 wanderte das Verwendungsverbot ins Strafgesetzbuch. Zunächst galt es als Staatsschutzdelikt in Form des neuen Paragraphen 96a, später kam es als Paragraph 86a in den Kontext der Parteien- und Vereinigungsverboten. Neben den Kennzeichen ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen waren nun auch die Abzeichen neu gegründeter Parteien und Vereinigungen betroffen, sofern diese rechtskräftig verboten worden waren.

In der DDR machte man sich weniger Mühe mit solchen Feinheiten. Laut § 220 Absatz 3 des 1979 verschärften DDR-Strafgesetzbuches machte sich jeder strafbar, der „in der Öffentlichkeit Äußerungen faschistischen, rassistischen, militaristischen oder revanchistischen Charakters kundtut oder Symbole dieses Charakters verwendet, verbreitet oder anbringt.“ Der Gummiparagraph der sogenannten Öffentlichen Herabwürdigung wurde vor allem gegen Ausreiseantragsteller angewandt, wenn sie sich in Briefen an die Behörden über Missstände in der DDR beschwerten.

In Deutschland verboten – Abzeichen der NS-Kinderorganisation Jungvolk (1)

In der Bundesrepublik wurde das Kennzeichenverbot noch mehrfach verschärft. So ist seit 1968 auch die Verbreitung der inkriminierten Symbole untersagt, also zum Beispiel der Verkauf von Hakenkreuzfahnen. 1985 kamen die Herstellung, Einführung und Vorrätighaltung hinzu. Seit 1994 sind zudem auch solche Kennzeichen verboten, die den Originalzeichen zum Verwechseln ähnlich sind.

Das Kennzeichenverbot wurde durch eine umfangreiche Rechtsprechung weiter ausgeweitet. So sind nicht nur die Kennzeichen sämtlicher NS-Organisationen verboten, also neben dem Hakenkreuz noch diverse andere Abzeichen, sondern auch deren Uniformen, einschließlich einzelner Uniformteile. Eine Schirmmütze der SS ist also ebenso davon betroffen wie das hellbraune Hemd der nationalsozialistischen Kindeorganisation Deutsches Jungvolk (DJ). Untersagt sind überdies nationalsozialistische Grußformeln wie „Heil Hitler“ (auch ironisch gegenüber einem Polizisten) und „Sieg Heil“, ebenso die Briefabschlussformel „mit deutschem Gruß“ und der in Augenhöhe gestreckte rechte Arm. Strafbar ist des Weiteren die Verwendung der historischen Losungen der SA („Alles für Deutschland“) und der SS („Meine Ehre heißt Treue“), des Porträts von Adolf Hitler sowie des Horst-Wessel-Lieds. Gerichte haben auch T-Shirts mit dem (falschen) Zitat daraus „Die Fahne hoch“, den Verkauf von historischen Spielzeugflugzeugen mit Hakenkreuzbemalung, Postkarten vom Obersalzberg mit Hitler-Bild oder das Tragen eines Hitler-Kostüms bei einem Faschingsumzug verboten. Nicht strafbar ist die Verwendung dieser Kennzeichen lediglich dann, wenn dies – wie hier – der staatsbürgerlichen Aufklärung oder ähnlichen Zwecken dient.

Die Stasi organisierte in der alten Bundesrepublik rechtsradikale und antisemitische Aktionen. Warum?

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